Wissen: Das große Krabbeln

Krabbeln gilt als ein Meilenstein in der Entwicklung des Kindes, markiert es doch den Übergang zwischen dem hilflos herumliegenden Baby und dem den eigenen Willen entwickelnden und diesen motorisch umsetzenden Kleinkind.

Bei uns war die Zeit vor dem Krabbeln, wie im Artikel zum Thema Sitzen schon beschrieben, eine mehrwöchige Zeit der großen Unzufriedenheit auf Seiten meiner Tochter: Der Wille zum Vorankommen war da, aber es ging einfach nicht. Nach dem Meistern von Kopfhalten und sich in die Kobra hochdrücken und zu guter Letzt zumindest die eine Hand vom Boden lösen können, um ein Spielzeug zu greifen, ging es los mit dem Vierfüßlerstand. Weitaus häufiger praktizierte sie jedoch einen herabschauenden Hund, was ich für eine gehörige Kraftleistung halte. Ich fragte mich, was sie mit dieser Übung bezweckte, vermutlich kräftigte sie damit ihre Muskeln für das kommende Krabbeln.

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Robben, Rollen, Krabbeln

Eine typische Bewegung, die viele Eltern in dieser Zeit beobachten ist ein sich wiegender Vierfüßlerstand, als wenn das Kind Anlauf nehmen würde abzuspringen. Wie ich im Artikel über das Sitzen geschrieben habe, übte meine Tochter bevor sie krabbeln konnte das Hinsetzen über den Kniestand, stellte diese Praxis aber nach einigen Bruchlandungen auf die Nase wieder ein. Erst mit dem Krabbeln kam dann das sichere Hinsetzen.

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Nun sind diese Schritte zwar bei vielen Kinder zu beobachten, aber müssen nicht zwangsläufig vorkommen. Meine Mutter berichtete, wie ich mich sehr früh als Baby, wenn mir der Schnuller aus dem Mund gefallen war und ein paar Zentimeter vor meiner Nase landete, mit einem an einen dicken Meeressäuger erinnerndes Robben in Richtung des Schnullers warf. Andere Kinder Bewegen sich ähnlich eines Soldaten fort und benutzen die Arme wie Schaufeln, um das Robben zu unterstützen. Wieder andere Rollen sich durch den Raum, das habe ich leider noch nie bei jemanden beobachten können.

Motivation ist alles und sie kommt von innen heraus

Natürlich gibt es auch beim Krabbeln wieder Durchschnittswerte, wann ein Kind dieses erlernt, doch letztlich hilft es nicht, lernen muss und vor allem wird es dies alleine. Die Motivation meiner Tochter war im Portugal Urlaub eine Orange aus dem Garten, die außerhalb ihrer Reichweite gekullert war und die sie unbedingt wieder haben wollte. Eine Freundin bekam einen Krabbelmotivator geschenkt. Dabei handelt es sich um eine Schildkröte, eine Babyschildkröte hinter sich her ziehend, die ausgelöst durch Druck auf den Panzer mit einem für erwachsene Ohren nervtötenden Gebimmel vibrierend eine kleine Strecke zurücklegt. Meine Tochter und ihre kleine Freundin waren allenfalls von dem Geräusch entzückt, meine Tochter wiegte sich sogar zur Musik. Heute, schon kurz vor dem Laufen stehend, streiten sie sich darum, wer die Schildkröte im Arm halten darf, weil sie das Vibrieren so toll finden. Ich will damit sagen, so sehr sich Eltern Krabbeln herbeiwünschen, so wenig wird es letztlich bringen, in solche Techniken zu investieren, auch wenn man hört, dass einige Kinder deshalb tatsächlich anfingen zu Krabbeln.

Am besten übt es sich barfuß auf einem dicken Teppich

Unterstützen kann man das Kind, indem man es vor allem barfuß in der Wohnung agieren lässt. Körperexperten auf der Ganzen Welt betonen immer wieder wie wichtig die gut trainierte Fußmuskulatur für den gesamten Körper ist. Auch energetisch ist interessant zu beobachten, dass zumindest zuhause barfuß zappelnde, krabbelnde und laufende Menschen immer warme Füße haben, weil sie diese viel mehr bewegen als diejenigen, die sie mit dicken Socken und Hausschuhen einpacken. Wem das mit den baren Füßen doch zu kühl erscheint tut seinem Baby mit Rutschsocken einen großen Gefallen. Bei Ökotest haben Falke und Hirsch sehr gut abgeschnitten.

Wenn es nicht gerade in der kalten Jahreszeit beginnt zu üben auch mit nackten Beinen, denn der Stoff an den Knien begünstigt gerade das Auseinanderrutschen der Knie, aber auch mit Hose lernen sie Krabbeln. Eine generell gute Investition, schon wenn das Baby noch ganz frisch ist, ist ein dicker Schurwollteppich, am besten aus Wolle aus kontrolliert biologischem Anbau wie dieser von Hess Natur oder Grüne Erde. Durch die Schlaufen hat man das Gefühl auf einer dünnen Matratze zu sitzen. Am Anfang kann man das Baby dort mit guten Gewissen ablegen, denn es liegt sicher und warm. Wenn dann Bauchlage, Umdrehen, Krabbeln und Sitzen geübt wird dient der Teppich als weicher Puffer für die nicht zu vermeidenden kleinen Unfälle. Und beim Krabbeln hilft es, dass die Knie anfangs nicht zu sehr in die Grätsche gehen. Wer schonmal einen Hasen auf Parkett hat Hoppeln lassen, kann sich vorstellen, was ich meine.

Die ersten Schuhe – Barfußschuhe

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Jetzt, wo meine Tochter im Turbo überall durch die Gegend krabbelt und ihre Füße groß genug sind, ziehe ich ihr sogenannte Barfußschuhe an. Das sind weiche Lederschläppchen, in denen man sich wie barfuß fühlt. Unser Favorit sind die schönen Schuhe des Berliner Labels Lieblinge, deren Schuhe in Deutschland gefertigt und aus pflanzlich gegerbtem Ökoleder (nach IVN-zertifiziert) aus Deutschland bestehen. Das Besondere ist die vorne nach oben gezogene patentierte Sohle, die mitwächst und damit die Tragedauer erhöht. Ich ziehe sie ihr zum Beispiel an, wenn sie die Bürgersteige vor unserem Stammcafe in Kreuzberg auf und ab krabbelt oder der Boden irgendwo richtig kalt und rauh ist. Die einzige No-Crawl-Zone sind für sie die dreckigen Böden der Berliner öffentlichen Verkehrsmittel.

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Haken hinter krabbeln, nun will ich stehen

Nachdem meine Tochter Krabbeln konnte, war das Gemaule leider nur für ein paar Tage passé, denn dann galt es sich sogleich noch eine Etage näher in die Höhen der Erwachsenen zu begeben, stehend nämlich. Nun ist tatsächlich Zufriedenheit eingekehrt. Genau wie beim Sitzen gilt ganz in der Tradition von Pikler, selber üben und lernen lassen und nicht Hinstellen oder das Kind im großen Maße ins Stehen ziehen, so lustig es das auch finden möge. Denn nur, wenn es den Bewegunsgablauf, das sichere Ausbalancieren und das Wiederhinsetzen selbst lernt ist die Zeit des Umfallens und sich Wehtuns ganz schnell vorbei. Und vor allem verharrt es nicht stehend, nicht herauskönnend, sondern übt und lernt das Krabbeln und dann auch Sitzen. Und ehe man sich versieht, ist aus dem Baby ein Kleinkind geworden, das unablässlich seine Umgebung erforscht.

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Der Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Lieblinge und und gibt unabhängig unsere eigene Meinung wieder. Die Mütz ist von Pickapooh.

Die Bilder stammen von Sophia Lukasch Photographie.

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